Aktuelles > WKÖ-Spitze zu von der Leyen-Rede: Europa medizinisch und wirtschaftlich wieder gesundmachen

Artikel Details:

WKÖ-Spitze zu von der Leyen-Rede: Europa medizinisch und wirtschaftlich wieder gesundmachen

„Unternehmen und Beschäftigte in ganz Europa sind schwer von der Corona-Krise getroffen. Wir müssen diese Krise als Chance nutzen. Es geht darum, Europa nicht nur medizinisch, sondern auch wirtschaftlich wieder gesund zu machen. Wir müssen Europa im globalen Wettbewerb nach vorne bringen und zum globalen Leader für Innovation und Digitalisierung machen“, sagt Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), nach der ersten Rede zur Lage der Union von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Um langfristig wettbewerbsfähig und fit für die Herausforderungen der Zukunft zu sein, muss der Wiederaufbau mit der Modernisierung des Standorts Europa verknüpft werden. Zudem geht es darum, die EU widerstandsfähiger zu machen und strategisch besser aufzustellen. 

Vor allem der Fokus auf Digitalisierung, Innovation und Technologie in der neuen EU-Finanzperiode ist aus Sicht der WKÖ richtig gesetzt. Die angekündigte Verschärfung der Klimaziele – die Treibhausgas-Emissionen sollen bis 2030 um mindestens 55 Prozent verglichen mit 1990 reduziert werden – sieht die Wirtschaft indes als „Hammer, wenn es darum geht, Europa im globalen Wettbewerb zu stärken“. Mahrer: „Europas Unternehmen brauchen die richtigen Rahmenbedingungen, damit sie auf dem Weg aus der Krise die Potenziale von Klimaschutz & Kreislaufwirtschaft, modernen Technologien wie Artificial Intelligence und innovativer Forschung & Entwicklung für sich nutzen können. Europäische Alleingänge im Klimaschutz zählen da mit Sicherheit nicht dazu.“

Klimaschutz funktioniert nur mit der Wirtschaft, nicht ohne sie

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf ergänzt: „Natürlich steht die Wirtschaft grundsätzlich zum ‚Green Deal‘, wir dürfen aber nicht das Kind mit dem Bad ausschütten. Denn eine Verschärfung der Klimaziele wirkt sich nicht automatisch positiv auf das Klima aus. Gerade die europäischen Industriebetriebe sind die Technologievorreiter, die den Weg zur Klimaneutralität ebnen. Sie mit Kosten, die letztlich nicht mehr kalkulierbar sind, zu belasten, hilft dem Klimaschutz nicht, weil sie so nicht mehr in Europa investieren können.“ Sie bräuchten im Gegenzug die Zusicherung, dass die EU ihnen ausreichend Gratiszertifikate zur Verfügung stellen wird. Die Botschaft der Kommissionspräsidentin geht jedoch in die entgegengesetzte Richtung, der Schutz vor der Abwanderungsgefahr („Carbon Leakage“) soll reduziert werden. Studien weisen nach, dass Produktionen nach ihrer Verlagerung von der EU in andere Wirtschaftsräume das 1,9-fache an Treibhausgasen emittieren. „Diese Gefahr der De-Industrialisierung Europas scheint in der Folgenabschätzung nicht berücksichtigt worden zu sein“, kritisiert Kopf. Klimazölle für Importe stehen kurzfristig nicht zur Verfügung und bringen nicht denselben Schutz wie die Gratiszertifikate.

Mehr F&E in Technologien für die Dekarbonisierung nötig

Das Grundproblem ist, dass derzeit weder die notwendigen Technologien für die Dekarbonisierung, noch die notwendigen erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen.

Im Bereich Forschung und Entwicklung wird bereits auf Hochtouren an klimafreundlichen Lösungen gearbeitet. „Wir gehen davon aus, dass im Lauf der 2030er Jahre die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind und sich eine bahnbrechende Emissionsreduktion, wie von der Leyen sie will, dann leichter realisieren lässt“, so Kopf.