ÖGfE | Positives EU-Stimmungsbild zur Zeit des heimischen EU-Ratsvorsitzes
74 Prozent für EU-Verbleib, 13 Prozent für Austritt | 49 Prozent mit Ratsvorsitz zufrieden, 33 Prozent nicht – Umfrage
„Der österreichische EU-Ratsvorsitz fällt in eine Zeit, in der die heimische Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft weiterhin auf hohem Niveau ist und das Interesse an europäischen Themen wächst. Ein Stimmungsbild, das sich auch positiv auf den EU-Wahlkampf und die Beteiligung an den kommenden Europawahlen auswirken könnte“, kommentiert Paul Schmidt, Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), das Ergebnis einer aktuellen ÖGfE-Umfrage.
In der Mitte Oktober durchgeführten bundesweiten Befragung sagen 74 Prozent der ÖsterreicherInnen, dass unser Land Mitglied der EU bleiben soll. 13 Prozent plädieren für einen Austritt aus der Union. 12 Prozent beziehen keine Stellung. Gegenüber der letzten Umfrage von Mai 2018 sind die Unterschiede im Meinungsbild gering. Der Zustimmungswert bleibt im Zeitvergleich – vor allem nach der Brexit-Abstimmung – nachhaltig hoch, die Zahl der AustrittsbefürworterInnen ist um weitere 4 Prozentpunkte zurückgegangen.
Insgesamt 57 österreichweite ÖGfE-Befragungen seit Juni 1995 zeigen, dass – trotz Schwankungen – die BefürworterInnen der EU-Mitgliedschaft stets in der Mehrheit waren. Im Durchschnitt lag ihre Zahl bei rund 70 Prozent, die Zahl jener, die sich für den EU-Austritt aussprachen, dagegen bei 23 Prozent. Die höchste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft fand sich im Juni/Juli 2002 (80 Prozent), der stärkste Wunsch nach einem Austritt im Juni/Juli 2008 (33 Prozent).
„Die aktuell hohen Zustimmungswerte zur EU-Mitgliedschaft sind allerdings kein alleiniges österreichisches Phänomen. Wie auch jüngste Eurobarometer-Daten der EU-Kommission zeigen, überwiegen für eine Mehrheit der Befragten – aufgrund der Vielzahl an Herausforderungen und trotz Unstimmigkeiten unter den Mitgliedstaaten – die Vorteile gemeinsamen Handelns auf europäischer Ebene. Eine wichtige Botschaft für die inhaltliche Auseinandersetzung mit erstarkenden nationalistischen Bewegungen.“
Fast jede/r vierte befragte ÖsterreicherIn (23 Prozent) gibt an, seit der Übernahme des Ratsvorsitzes durch Österreich gesteigertes Interesse an EU-Themen zu haben. Für rund drei Viertel der Befragten (72 Prozent) hatte dies keine Auswirkungen auf ihr europapolitisches Interesse.
Knapp jede/r zweite der Befragten (49 Prozent) ist zum aktuellen Zeitpunkt mit dem heimischen EU-Ratsvorsitz „sehr zufrieden“ (8 Prozent) bzw. „eher zufrieden“ (41 Prozent). Ein Drittel ist hingegen „eher nicht“ (23 Prozent) oder „gar nicht“ (10 Prozent) zufrieden. Ein recht hoher Anteil von 17 Prozent kann sich zu dieser Frage kein Urteil bilden („weiß nicht/Keine Angabe“).
„Zur Zeit des heimischen EU-Ratsvorsitzes steht Österreich mehr als sonst im Mittelpunkt der europäischen Auseinandersetzung – mit positiver Wirkung auf das Interesse an europäischen Themen. Ein Potenzial, dass Österreich in den verbleibenden Monaten des Vorsitzes und darüber hinaus noch stärker als bisher nützen sollte“.
Sieben Monate vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament zeigt sich bei den ÖsterreicherInnen auch eine relativ hohe Bereitschaft zur Teilnahme an den kommenden Wahlen zum EU-Parlament. 42 Prozent der Befragten geben an, am 26. Mai 2019 „sicher“ ihre Stimme abgeben zu wollen, 34 Prozent „eher“. Die Zahl jener, die sich diesen Termin nicht im Kalender vormerken, ist vergleichsweise gering: 14 Prozent sagen, dass sie aus heutiger Sicht „eher nicht“ an den Wahlen teilnehmen werden, 3 Prozent „sicher nicht“ (7 Prozent „weiß nicht/Keine Angabe“)
Das aktuelle Stimmungsbild ähnelt damit jenem, das die ÖGfE zu einem vergleichbaren Zeitpunkt vor den Europawahlen 2014 erhoben hat. Damals bekundeten ebenfalls rund drei Viertel ihre prinzipielle Teilnahmebereitschaft, wobei sich damals 49 Prozent als „sichere“ WählerInnen deklarierten und 29 Prozent als „eher sichere“. Knapp zwei von zehn Befragten gaben im November 2013 an, „eher nicht“ (11 Prozent) bzw. „sicher nicht“ (8 Prozent) an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen zu wollen.
„Die Zahl jener ÖsterreicherInnen, die sicher an den nächsten Europawahlen teilnehmen möchten, liegt derzeit knapp unter der tatsächlichen Wahlbeteiligung im Jahr 2014. Umso wichtiger ist es, die grundsätzlich europäische, aber oft passive Mehrheit zu motivieren, auch selbst stärker Einfluss auf aktuelle Entwicklungen zu nehmen und nicht Renationalisierungstendenzen das Feld zu überlassen“, hält Schmidt fest.
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 18. bis 23. Oktober 2018 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 278). Befragt wurden österreichweit 580 Personen per Telefon (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung). Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,1 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte. Vergleichsumfrage: Tel SWS 215, November 2013, N=521.