Forderungen der EBÖ zur Konferenz über die Zukunft Europas
Die Konferenz zur Zukunft Europas, die am 9. Mai endlich an den Start geht, bietet eine Riesenchance für einen echten Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Institutionen über die Weiterentwicklung der Europäischen Union.
Die EBÖ unterstützt, dass die Konferenz nicht nur die EU-Institutionen Europaparlament, Rat und Kommission, sondern auch die nationalen Parlamente und Sozialpartner umfasst, und dass insbesondere auch die Bürgerinnen und Bürger sowie weitere gesellschaftliche Kräften in die EU-Zukunftsdebatte eingebunden werden. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist entscheidend, um die Legitimität der Konferenz zu erhöhen und das öffentliche Interesse dafür zu wecken. Die Zukunft Europas geht uns alle an!
Zugleich bleiben etliche Fragen offen, z.B. was den Zeitplan und die Agenda der Konferenz, den Umgang mit ihren Ergebnissen und die tatsächliche Einbindung der Bürgerinnen und Bürger betrifft.Für die EBÖ sind hier die folgenden Grundsätze zu beachten:
- Qualität vor Tempo! Die EU-Zukunftskonferenz soll schon im Frühjahr 2022 zum Abschluss kommen. Das ist ein sehr enges Zeitkorsett, vor allem wenn man bedenkt, dass die Konferenz coronabedingt mit einem Jahr Verspätung beginnt und Präsenztermine wegen der Corona-Pandemie voerst schwierig bleiben. Bei diesemstraffen Zeitplan besteht die Gefahr einer digitalen PR-Show. Die derzeit nur vage vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung bis 2023 sollte daher unbedingt genutzt werden. Dann ist genug Zeit, um auch die großen Reformbrocken anzugehen. Außerdem kann die EU-Zukunftskonferenz so potenziell zur Themengrundlage für die Europawahl 2024 werden, in der die Richtungsentscheidung zur Zukunft Europas im demokratischen Prozess bei allen Wählerinnen und Wählern zur Abstimmung steht.
- Basis für rasche und wirksame europäische Antworten schaffen! Nicht zuletzt die Covid-Krise hat gezeigt, dass ein Rückfall in Nationalismus jederzeit wieder möglich ist und sogar Grundfesten des Binnenmarkts plötzlich zur Disposition stehen können. Die aktuelle Gesundheitskrise und der wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Pandemie, zunehmende Ungleichheiten, der digitale und grüne Wandel , aber auch die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandorts Europa und globale Sicherheitsfragen wie das zunehmend gewaltbereite Konfliktverhalten in vielen Teilen der Welt erfordern gemeinsames europäisches Handeln. Eine Voraussetzung dafür sind handlungsfähige europäische Institutionen, z.B. durch die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Rat in wichtigen Politikfeldern sowie eine verstärkte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die EU-Zukunftskonferenz muss die Grundlage für rasche und wirksame gemeinsame europäische Antworten schaffen, damit Europa auch in Zukunft erfolgreich ist.
- Stärkung des Parlamentarismus auf EU-Ebene! Für einen verbesserten Brückenschlag zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und ihrer politischen Vertretung auf EU-Ebene ist eine Reform des Wahlrechts notwendig. Die Stärkung des Spitzenkandidaten-Prozesses für die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten stellt hier eine wichtige Option dar.
- Keine europapolitischen Tabus! Die Konferenz zur Zukunft Europas muss alle Optionen für eine sinnvolle Weiterentwicklung und Stärkung der EU prüfen können. Vertragsänderungen sollten daher nicht prinzipiell ausgeschlossen sein.
- Ergebnisse ernst nehmen! Wir brauchen das politische Bekenntnis & Ownership der Institutionen auf europäischer und nationaler Ebene. Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz müssen ernst genommen und unter Beachtung der Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit verbindlich bearbeitet umgesetzt werden. Es darf kein Diskutieren nur um des Diskutierens willen geben.
- Die Menschen ins europäische Boot holen! Das Follow-up der Konferenz muss transparent mit dem Beitrag von Bürgerinnen und Bürgern, Organisationen der Zivilgesellschaft, Sozialpartnern sowie lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verknüpft sein. Dazu ist eine wesentlich stärkere Kommunikation der EU-Ziele und EU-Politik durch die EU-Institutionen in den Mitgliedstaaten. Scheinbeteiligung führt am Ende nur zu noch mehr EU-Frust.
Wichtig ist, dass es auch auf nationaler und regionaler Ebene eine Debatte über die Zukunftskonferenz gibt, die Öffentlichkeit muss über die dort erörterten Themen informiert werden. Als EBÖ wollen wir dazu einen Beitrag leisten, es ist aber auch die (nationale) Politik gefragt. Aktivitäten wie der Österreich-Dialog zur EU-Zukunftskonferenz sind zu begrüßen und sollten ausgebaut werden.
Bei allen heutigen Entscheidungen müssen die Folgen für kommende europäische Generationen bedacht und daher die Erwartungen und Vorstellungen junger Menschen schon jetzt berücksichtigt werden. Wir brauchen die Menschen und insbesondere auch die Jugend, um das europäische Haus weiterzubauen!
Vom Vorstand im April 2021 beschlossen